Aufgrund der Niederlassungsfreiheit in der europäischen Union ist es grds. jedem EU Bürger möglich, seinen Wohnsitz innerhalb der EU frei zu wählen. Gerade in grenznahen Regionen wie der Städteregion Aachen sind die Staatsgrenzen bei der Wahl der Arbeitsstelle und des Wohnortes zunehmend bedeutungslos. Was viele Menschen, die diese Niederlassungsfreiheit nutzen, jedoch nicht berücksichtigen, sind die rechtlichen Auswirkungen die mit einem Wegzug aus Deutschland beispielsweise in die Niederlande verbunden sind. Insbesondere im Erbrecht kommt nämlich im deutsch-niederländischen Verhältnis dem Wohnsitz eine besondere Bedeutung zu.
Nach dem Deutschen internationalem Erbrecht unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Dies würde dazu führen, dass im Falle eines Todes eines deutschen Staatsbürgers mit letztem Wohnsitz in den Niederlanden, deutsches Erbrecht zur Anwendung kommt. Allerdings knüpft das niederländische internationale Erbrecht an den ständigen gewöhnlichen Aufenthalt an. Dies führt dazu, dass die Niederlande auch auf Erbfälle deutscher Staatsangehöriger niederländisches Erbrecht anwenden, sofern der Erblasser in den letzten fünf Jahren vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden hatte. Die hierdurch eintretende Kollision zwischen deutschem und niederländischen Recht wird als sog. hinkendes Erbrechtsverhältnis bezeichnet.
Um die hierdurch eintretenden Probleme zu vermeiden, empfiehlt es sich dringend vor einem Wegzug in die Niederlande zu bestimmen, welches Recht im Falle des Todes zur Anwendung gelangen soll. Hierbei sollte man sich die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem niederländischen Erbrecht verdeutlichen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist, dass im niederländischen Recht dem Ehepartner im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge eine wesentlich stärkere Position zukommt als nach deutschem Recht. Demgegenüber stehen ihm jedoch im Falle der testamentarischen Ausschließung von der Erbfolge keine Pflichtteilsansprüche zu. Pflichtteilsberechtigt sind nach niederländischem Recht lediglich die Abkömmlinge, wobei diese einen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem überlebenden Ehegatten erst dann geltend machen können, wenn dieser verstirbt, wieder heiratet oder in Insolvenz gerät.
Abschließend gilt es noch darauf hinzuweisen, dass nach niederländischem Recht letztwillige Verfügungen von Todes wegen grundsätzlich der notariellen Form bedürfen und weder gemeinschaftliche Testamente noch Erbverträge errichtet werden können. Ein handschriftliches Testament ist daher, wenn es in den Niederlanden errichtet worden ist, nicht wirksam.
Aufgrund der vielfältigen Unterschiede in den Rechtsordnungen, die sich darüber hinaus auch in zahlreichen anderen Rechtsgebieten wiederfinden, kann daher jedem im Falle eines Wegzuges aus Deutschland nur die Einholung einer anwaltlichen Beratung empfohlen werden.